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Zu meinem Ärger

Ich bin seit meiner Zeit als Stipendiatin des Instituts zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp), der katholischen Journalistenschule, Mitglied der Gesellschaft katholischer Publizisten Deutschlands (GKP). In den „GKP-Informationen“ erscheint jeden Monat die Rubrik „Zu meinem Ärger“. Für den Juli-Rundbrief wurde ich um Antworten gebeten. Und so sehen sie aus:

Worüber haben Sie sich zuletzt in den Medien so richtig geärgert?

Die Internetseite der Süddeutschen Zeitung schreibt englische Zitate gerne nur noch im Original – darüber ärgere ich mich sehr. [Ergänzung: Hier ist der Artikel, der konkret Anlass für meinen Ärger war.]

Denn: Wie viele Menschen lesen das nur englische Zitat gar nicht, verstehen es nur halb oder falsch? Wie viele Menschen schließt ein solcher Artikel aus – vielleicht sogar von seinen Kernaussagen? Kann es journalistisch (und demokratisch) gewünscht sein, dass (sehr) gute Fremdsprachenkenntnisse Voraussetzung sind, um Informationen zu verstehen?

Zwar würde ich mir oft sogar wünschen, dass die Tagesschau Evo Morales oder Recep Tayyip Erdoğan mit einem Untertitel versieht, statt über die Originalstimme zu sprechen – so nämlich könnten wir viel mehr Informationen aufnehmen, die etwa durch den Ton oder (so wir der Sprache mächtig sind) das Sprachniveau, ausgedrückt werden.

Aber: Ein geschriebener Text, der ausschließlich in der Originalsprache zitiert? Natürlich, mag man einwenden, wenn’s eh online ist und jemand halt nicht gut genug englisch kann, dann mag er ein Übersetzungsprogramm verwenden. Und ja, manche Dinge sind schwer zu übersetzen, die Aussage verschiebt sich ein bisschen. Doch warum dann nicht die Übersetzung bringen und das Original verlinken oder den genauen Wortlaut (und vielleicht sogar die Schwierigkeit der Übertragung) zusätzlich benennen?

Nun erwarte ich von meiner Zeitung durchaus, dass sie mir manchmal „harte Kost“ bietet, die mich zum Nachdenken zwingt. Allerdings möchte ich dann lieber über eine knifflige Argumentation sinnieren, als in meinem Gedächtnis nach Englischvokabeln zu suchen.

An welcher journalistischen Leistung konnten Sie sich jüngst erfreuen?

Wirklich gefreut habe ich mich im April über Anita Blasbergs Polemik über die Baby Boomer in der ZEIT. In meinem Freundeskreis wurden und werden Blasbergs Thesen – und die Konsequenzen daraus – ausgiebig diskutiert. Ich mag Texte, die klare Positionen vertreten, Debatten anregen und befeuern, denn diese Stücke bringen uns gesellschaftlich voran und zeigen, wozu guter Journalismus fähig ist.

Wie reagieren Sie Ihren Ärger ab?

Ich spreche über Dinge, die mich ärgern, diskutiere sie mit vielen Menschen und versuche gerade im Dialog daraus konstruktive Kritik wachsen zu lassen. Das gilt übrigens nicht nur für „Medienärger“ – aus der Verärgerung über herrschende Verhältnisse, politische Entscheidungen oder gesellschaftliche Entwicklungen heraus entsteht oft ein großes Potenzial für kreative neue Lösungen und Wege. Gerade als Christin sehe ich mich in der Verantwortung, die Welt aktiv zu gestalten und nicht im „Abreagieren“ von Ärger stehen zu bleiben.