Kategorie-Archiv: Heimat

Herrliche Berge, sonnige Höhen

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Wir waren heute am Herzogstand. Alles war wunderbar. Die Welt ist so schön, dass es fast weg tut. Vielleicht ein ganz praktischer Gottesbeweis. Danke. 

Ich bin das Kind eines Flüchtlingskindes

<a href="https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%BCbezahl">Rübezahl</a> ist der Berggeist des Riesengebirges. Hier der Titel eines Kinderbuchs etwa aus den 1960er Jahren. Die Illustration ist von <a href="https://de.wikipedia.org/wiki/Anton_M._Kolnberger">Anton Kolnberger</a>.

Rübezahl ist der Berggeist des Riesengebirges. Hier der Titel eines Kinderbuchs etwa aus den 1960er Jahren. Die Illustration ist von Anton Kolnberger.

Statt Wiesnauftakt Familienbesuch in Franken. Ich sitze bequem im Zug, da fällt mir ein: Als mein Vater etwa so alt war wie meine kleine Tochter jetzt ist, war er in einem Zug auf der Flucht – mit seiner Mutter und seinen vier großen Geschwistern raus aus Schlesien. Der Vater, mein Großvater, blieb dort. Zunächst zwangen ihn die Nazis dazu, dann geriet er in Gefangenschaft. Erst Jahre später kam auch er nach Franken.

Als wir Kinder waren, drängten wir unseren Vater oft, uns Geschichten zu erzählen „als er klein war“. Viele davon berichteten von der Zeit als ungeliebte Flüchtlingen auf einem fränkischen Bauernhof. Ich muss die Geschichten mal aufschreiben, nehme ich mir jetzt vor.

Wenn mein Vater schimpft, dann auf Schlesisch. Manchmal schleichen sich auch bei meinen Geschwistern und mir noch schlesische Wörter ein.

Das Riesengebirgslied singe ich meinem Kind zum Einschlafen vor: „Blaue Berge, grüne Täler, mittendrin ein Häuschen klein. Herrlich ist dies Fleckchen Erde, denn da bin ich ja daheim.“ Ich war noch nie im Riesengebirge.

Ich bin das Kind eines Flüchtlingskindes. Wie viele von uns. Heute kommen wieder Menschen in großer Not und Verzweiflung zu uns. Ich will alles dafür tun, dass ihre Kinder wenn sie wollen so selbstverständlich hier eine Heimat haben wie ich selbst.

Leben in Freiheit und Sicherheit

„Man sollte still sein wenn Kinder schlafen, nicht wenn sie sterben“
(Nurcan Sahin)

WIR BRAUCHEN LEGALE UND SICHERE FLUCHTWEGE JETZT SOFORT!

Viele Menschen suchen Schutz und Hilfe hier bei uns. In den letzten Tagen kamen sie in vollen Zügen über Ungarn und Österreich zu uns nach München, viele wurden rasch innerhalb Bayerns weiterverteilt, unter anderem nach Schweinfurt. Es sind Hoffnungszüge, die da kommen. Hunderte, tausende Menschen die in größter Not bei uns Zuflucht suchen und am Hauptbahnhof werden sie begrüßt mit Wasser, Essen, Kuscheltieren, Lächeln, Plakaten und guten Worten. Ich bin glücklich darüber, dass die Münchner so viel Herz zeigen. Da kommen Menschen kommen mit quasi nichts außer ihrem Leben – und das ist schon viel.

Es sind viele Kinder dabei. Wer von uns würde nicht alles geben, um seine Kinder aus der Hölle zu retten?

Und dann wird uns über alle Medien das Bild eines toten Kindes vor Augen geführt. Ertrunken beim Versuch, der Hölle zu entkommen. Ich weine, wenn ich das Bild sehe. Ich weine, wenn ich von Schicksalen und Traumata, von zerstörten Hoffnungen und geplatzten Träumen lese. Und ich kann es kaum ertragen, mehr zu erfahren. Und doch gibt es kein „Decke über den Kopf“. Ich muss hinschauen. Wir müssen hinschauen. UND HANDELN. Es gibt keine Entschuldigung für Tatenlosigkeit. Da, wo wir sind, müssen wir tun, was wir können, um Leben zu retten, Leid zu mindern, Leben in Freiheit und Sicherheit zu ermöglichen.

Der Gesetzeslehrer wollte seine Frage rechtfertigen und sagte zu Jesus: Und wer ist mein Nächster? Darauf antwortete ihm Jesus: Ein Mann ging von Jerusalem nach Jericho hinab und wurde von Räubern überfallen. Sie plünderten ihn aus und schlugen ihn nieder; dann gingen sie weg und ließen ihn halb tot liegen.Zufällig kam ein Priester denselben Weg herab; er sah ihn und ging weiter.Auch ein Levit kam zu der Stelle; er sah ihn und ging weiter. Dann kam ein Mann aus Samarien, der auf der Reise war. Als er ihn sah, hatte er Mitleid, ging zu ihm hin, goss Öl und Wein auf seine Wunden und verband sie. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und sorgte für ihn. Am andern Morgen holte er zwei Denare hervor, gab sie dem Wirt und sagte: Sorge für ihn, und wenn du mehr für ihn brauchst, werde ich es dir bezahlen, wenn ich wiederkomme. Was meinst du: Wer von diesen dreien hat sich als der Nächste dessen erwiesen, der von den Räubern überfallen wurde? Der Gesetzeslehrer antwortete: Der, der barmherzig an ihm gehandelt hat. Da sagte Jesus zu ihm: Dann geh und handle genauso! (Lk 10 29-37)

CSU und SPD verbieten Stolpersteine erneut

Ich bin sehr traurig über die Entscheidung des Münchner Stadtrats, Stolpersteine in München auf öffentlichem Grund auch weiterhin zu verbieten.

Ich respektiere, wenn Menschen eine bestimmte Art des Gedenkens für sich ablehnen. Ich wünsche mir aber, dass anerkannt wird, dass andere Menschen sich explizit Stolpersteine für ihre Angehörigen wünschen – und dass man diesen anderen Menschen eben diese Art des Gedenkens nicht verbietet.

Es ist erschreckend, dass CSU und SPD die Abstimmung über diese sensible und viel diskutierte Frage nicht freigegeben haben, sondern Fraktionszwang herrschte und somit Stadtratsmitglieder gegen ihre Überzeugung abgestimmt haben. Das ist falsch.

80.000 Namen für Stolpersteine

80.000 Menschen stehen mit ihrem Namen gegen das Stolperstein-Verbot in München. Gestern hat die Münchener Initiative für Stolpersteine die Namen der Unterstützerinnen und Unterstützer eindrucksvoll auf dem Königsplatz aufgerollt. Die Petiton kann nach wie vor auf change.org unterschrieben werden.

SPD und CSU wollen das Verbot erneuern

80.000 Unterschriften, ausgerollt am Königsplatz. Bild: Andreas Gregor.

80.000 Unterschriften, ausgerollt am Königsplatz. Bild: Andreas Gregor.

Der Stand der Dinge: Die Fraktionen von SPD und CSU wollen die Stolpersteine auf öffentlichem Grund erneut und weiterhin verbieten – die SPD-Fraktion stimmt hier übrigens gegen die Mehrheit der eigenen Partei. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, ein engagierter Befürworter der Stolpersteine, hat sich gegen das bestehende absolute Verbot in München ausgesprochen. Auch die Vertreter anderer Opfergruppen, etwa der Sinti und Roma oder der Homosexuellen, setzen sich für Stolpersteine ein.

Charlotte Knobloch, ehemalige Zentralratspräsidentin und noch immer Präsidentin der Münchener Kultusgemeinde, ist eine Gegnerin der Stolpersteine, da sie meint, so würden die Namen der Opfer mit Füßen getreten. Selbst in der Kultusgemeinde ist das umstritten. SPD und CSU im Rathaus haben vor gut 10 Jahren Stolpersteine in München verboten und zwei bereits verlegte Steine herausgerissen. Verlegt worden waren diese für die Eltern von Peter Jordan, die ermordet worden waren – als Juden. Peter Jordan, selbst Jude aus München, der aber als Kind nach England fliehen könnte, setzt sich seither (wie viele andere Verwandte Ermordeter) für das erneute Verlegen der Steine ein.

Wir versündigen uns an den Überlebenden

Meine Position: Ich respektiere, dass Frau Knobloch die Stolpersteine ablehnt, halte es aber für falsch, Stolpersteine grundsätzlich auf öffentlichem Grund zu verbieten. Die Stadt soll Stolpersteine nicht fördern oder selbst verlegen, sie soll lediglich das Verbot aufheben und nicht wie geplant erneuern. Selbstverständlich sollten Stolpersteine dann nicht verlegt werden, wenn überlebende Nachfahren, Angehörige oder die entsprechende Opfergruppe sich dagegen verwahrt. Dort wo es anders ist aber, versündigen wir uns an den Menschen, die noch leben, wenn wir ihnen die Form des Gedenkens verwehren, die sie selbst wünschen. So wie die Stadt Peter Jordan Unrecht tut, der sagt, an dem Tag, an dem die Steine für seine Eltern entfernt worden seien, habe es sich für ihn angefühlt, als seien seine Eltern erneut deportiert worden.